Die Kündigung aus betriebsbedingten Gründen in einem Prozess vor dem Arbeitsgericht ausreichend darzulegen, bedeutet einen erheblichen Arbeitsaufwand.
Nach § 1 II 1 ist eine ordentliche Kündigung auch sozial ungerechtfertigt, wenn sie nicht durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist.
Nach zutreffender Auffassung muss für den Wegfall von Beschäftigungsmöglichkeiten allein auf eine unternehmerische Entscheidung abgestellt werden.
Maßgebend für den Wegfall von Beschäftigungsmöglichkeiten können nur Umstände sein, die vom Willen des Unternehmers getragen sind ( v. Hoyningen-Huene/Linck Rn. 686 ; SPV/ Preis Rn. 932 ; Wank RdA 1987, 135, 138 ). Dabei sind gesellschaftsrechtliche Regelungen bei juristischen Personen und rechtsfähigen Personengesellschaften für das Innenverhältnis kündigungsschutzrechtl. ohne Bedeutung (BAG 5. 4. 2001 AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 117 ; 7. 7. 2005 AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 138 ).
Eine Beschäftigungsmöglichkeit entsteht durch einen wirksamen Vertragsschluss zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer . Ein Arbeitsvertrag ist nicht nur wirksam, wenn der unter Vertrag genommene Arbeitnehmer auf Grund der Auftragslage tatsächlich beschäftigt werden kann. Der Arbeitsvertrag begründet vielmehr die Verpflichtung des Arbeitgebers , den von ihm angestellten Arbeitnehmer zu beschäftigen. Beschäftigungsmöglichkeiten verdanken ihre Existenz einer unternehmerischen Betätigung.
Beschäftigungsmöglichkeiten verlieren ihre Existenz nicht automatisch durch „außerbetriebliche Gründe”, sondern durch eine notwendigerweise zwischengeschaltete Organisationsentscheidung des Arbeitgebers, insb. bei Einschränkung oder Beendigung einer unternehmerischen Betätigung, die zum Wegfall von Beschäftigungsmöglichkeiten führt (vgl. BAG 2. 6. 2005 AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 75 ).
Das KSchG verlangt, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt sein muss. Allein der unternehmerische Entschluss, einem Arbeitnehmer zu kündigen, ist damit selbst keine hinzunehmende Unternehmerentscheidung iSd. § 1 (BAG 6. 7. 2006 AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 82 ; s. a. 20. 2. 1986 AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 11 ; v. Hoyningen-Huene/Linck Rn. 705 ; MünchKomm/Hergenröder Rn. 310 ). Der Begriff „bedingt” bringt zum Ausdruck, dass die Kündigung nur die Folge anderer rechtlich relevanter Tatsachen sein kann. Die Abgabe einer Kündigungserklärung reicht nicht.
Die Kündigung ist demzufolge der Unternehmerentscheidung stets nachgeordnet.
Die Kündigung ist eine personelle, konkret personenbezogene Entscheidung. Die ihr vorgelagerte Unternehmerentscheidung ist zielgerichtet auf Belange des Betriebs. Die für den Arbeitsvertrag bedeutsame Relevanz entsteht erst durch die Umsetzung der unternehmerischen Entscheidung in den Betrieb (s. Rn. 226 ff.).
Dringende betriebliche Erfordernisse für eine Kündigung liegen vor, wenn die Durchführung oder eingeleitete Durchführung (s. BAG 19. 6. 1991 AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 53 : „greifbare Formen”; dazu a. Rn. 232 ) einer unternehmerischen Entscheidung einer Beschäftigungsmöglichkeit die Grundlage entzieht (vgl. Walker ZfA 2004, 535 ; Kaiser NZA 2005, Beil. 1, 31).
Der Arbeitgeber muss im Kündigungsschutzprozess also Tatsachen vortragen können, aus denen zu schließen ist, dass eine unternehmerische Entscheidung tatsächlich realisiert worden ist, oder dass auf Grund der Umsetzung dieser Entscheidung bei vernünftiger betriebswirtschaftlicher Betrachtung davon auszugehen ist, dass diese zum Zeitpunkt der vorgesehenen Beendigung realisiert sein wird (BAG 29. 9. 2005 AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 139 ; 7. 7. 2005 AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 138 ; 2. 6. 2005 AP KSchG 1969 § 1 Soziale Auswahl Nr. 75 ).
Da der Arbeitgeber im Vorgriff auf diesen Zeitpunkt handelt, beurteilt hier – rechtl. relevant – das Gericht auf Grund einer Prognose, ob die vom Arbeitgeber behaupteten Umstände den Schluss zulassen, zum Kündigungstermin bestehe keine Beschäftigungsmöglichkeit mehr für die gekündigten Arbeitnehmer (BAG 7. 7. 2005 aaO; 2. 6. 2005 aaO).
Diese Prognose ist nicht identisch mit der, die der Arbeitgeber bei der personen- und verhaltensbedingten Kündigung anstellt. Der Arbeitgeber orientiert sich zwar auch an gegenwärtigen Vorgängen und zieht Schlüsse für die Zukunft. Dieses Vorgehen ist jedoch nur Motiv für sein bindendes Handeln. Unterlässt er bis zum Kündigungstermin die Umsetzung seiner Entscheidung, kann er sich auf diese bzgl. der darauf gestützten Kündigungen nicht berufen.
Nach § 1 II 1 müssen dann nicht nur betriebliche Erfordernisse vorliegen. Diese müssen zusätzlich „dringend” sein.
Die Rspr. nimmt an, diese weitere Voraussetzung sei erfüllt, wenn es dem Arbeitgeber nicht möglich sei, der betriebliche Lage durch andere Maßnahmen auf technischem, organisatorischem oder wirtschaftlichem Gebiet als durch eine Kündigung zu entsprechen (BAG 21. 4. 2005 AP KSchG 1969 § 2 Nr. 79 ). Die Kündigung muss wegen der betriebliche Lage unvermeidbar sein
Die Dringlichkeit bezieht sich auf die betriebliche Erfordernisse und nicht auf die Unternehmerentscheidung. Die Dringlichkeit umfasst eine Überprüfung der Art der Umsetzung der Unternehmerentscheidung. Zu einer Kündigung kann es danach nur kommen, wenn die Umsetzung zwangsläufig zum Wegfall von Beschäftigungsmöglichkeiten führt.
Bei der betriebsbedingten Kündigung müssen – wie bei allen anderen Kündigungen auch – die Tatsachen, die sie bedingen sollen, zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung vorliegen.
Die Gründe, die die Kündigung rechtfertigen sollen, müssen nach § 1 II 1 einer Weiterbeschäftigung in diesem Betrieb entgegenstehen (BAG 21. 2. 2002 EzA KSchG § 1 Wiedereinstellungsanspruch Nr. 7 ).
Für die Wirksamkeit der Kündigung kommt es darauf an, ob die Umsetzung des gekündigten Arbeitnehmers auf einen anderen freien Arbeitsplatz tatsächlich möglich war (BAG 3. 2. 1977 AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 4 ; v. Hoyningen-Huene/Linck Rn. 750 ) und der Arbeitnehmer bereit gewesen wäre, dort zu arbeiten.
Insoweit trifft den Arbeitgeber also eine Initiativlast; er hat dem Arbeitnehmer vor jeder ordentlichen Beendigungskündigung von sich aus eine beiden Parteien objektiv mögliche und zumutbare Beschäftigung auf einem freien Arbeitsplatz auch zu geänderten Bedingungen anzubieten (BAG 21. 4. 2005 AP KSchG 1969 § 2 Nr. 79 ).
Das kommt selbst dann in Betracht, wenn die Vergütung des Arbeitnehmer auf dem freien Arbeitsplatz erheblich geringer als der bisherige Verdienst ist (so LAG K 26. 8. 2004 NZA-RR 2005, 300, 301 ). Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verpflichtet den Arbeitgeber dazu, dem Arbeitnehmer auch nach Ablehnung des Angebots eine Änderungskündigung auszusprechen (BAG 21. 4. 2005 aaO).
Die Weiterbeschäftigungsmöglichkeit ist auch auf Arbeitsplätze zu beziehen, die von Leiharbeitnehmern besetzt sind.
Das Gericht hat voll nachzuprüfen, ob die vom Arbeitgeber behaupteten innerbetriebliche (gestaltende Unternehmerentscheidung) oder – im Fall einer selbstbindenden Unternehmerentscheidung – außerbetriebliche Gründe – vorliegen und ob sich diese dahin auswirken, dass für die Weiterbeschäftigung des gekündigten Arbeitnehmers kein Bedürfnis mehr besteht.
Der Arbeitgeber kann sich nicht – pauschal – darauf berufen, „einschneidende Rationalisierungsmaßnahmen” machten eine Verringerung des Personalbestandes erforderlich. Er muss im Einzelnen darlegen, ob sich unmittelbar durch eine Rationalisierungsmaßnahme oder durch Umsatzrückgang der Arbeitsanfall und der Bedarf an Arbeitskräften verringert haben und wie sich die betriebliche Veränderung auf den Arbeitsplatz des gekündigten Arbeitnehmers auswirkt.