Kündigung wegen verfassungsfeindlicher Gesinnung?

Entscheidung des Arbeitsgerichts Mannheim vom 19.05.2015

 

Die Parteien streiten sich vor dem Arbeitsgericht über die Wirksamkeit einer fristlosen Kündigung.

 

Der Kläger war gemäß dem Arbeitsvertrag als Kindererzieher für die Beklagte tätig. Im vorliegenden Fall arbeitete der Kläger in Vollzeit in einem Kinderhaus. Hierbei betreute er Schulkinder.

 

Dementsprechend war er der Beklagten gegenüber zur politischen Loyalität verpflichtet, die für die Ausübung seines Amtes unentbehrlich war.

Hier hatte die Beklagte die Kündigung des Arbeitsverhältnisses deshalb ausgesprochen, da sie der Ansicht war, der Kläger habe verfassungsfeindliche Gesinnungen und sei somit nicht in der Lage, seine Arbeit als Kindererzieher funktionsgerecht zu erfüllen.

Die Beklagte sprach also am 23.05.2014 die fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus.

Der Kläger wies die Kündigung umgehend zurück, da nicht nachgewiesen sei, dass der Unterzeichner von der Beklagten bevollmächtigt worden war, die Kündigung auszusprechen.

Auch sei die Kündigung unwirksam, weil kein Kündigungsgrund vorläge: Er sei nicht Mitglied der NPD, er sei auch kein Hooligan und auch nicht Teil der rechten Szene.

Die Bilder, die die Beklagte für die Begründung der Kündigung vorgelegt habe, seien in dem Kündigungsschutzprozess nicht verwendbar. Sie seien unter Verstoß gegen das Recht am eigenen Bild entstanden.

Der Kläger habe auch weder ausländerfeindliche, noch diskriminierende Bemerkungen gemacht. Auch habe er nie versucht, die von ihm betreuten Kinder politisch zu beeinflussen.

Die Beklagte hingegen trägt unter anderem in dem Kündigungsschutzprozess vor, der Kläger sei nicht geeignet, für die Beklagte als Erzieher zu arbeiten. Deswegen habe sie den Arbeitsvertrag mit dem Kläger sofort gekündigt.

Der Kläger sei ein gewaltbereiter Hooligan und Neonazi. Außerdem sei er Anhänger der NPD. Dazu nannte die Beklagte mehrere Beispiele, wonach der Kläger unter bei einer NPD-Kundgebung aktiv tätig war.

Das Arbeitsgericht Mannheim entschied nun über die Wirksamkeit der Kündigung. Es kam zu dem Ergebnis, dass die fristlose Kündigung wirksam sei.

Ein wichtiger Grund für eine Kündigung gemäß § 626 BGB könne verhaltens- aber auch personenbedingt sein.

Die Beklagte ist Teil des öffentlichen Dienstes.

Da im vorliegenden Arbeitsvertrag auch der Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes gelte, habe der Kläger im dienstlichen, teilweise aber auch im privaten Bereich, dem Grundsatz der Treue zur freiheitlich demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes zu folgen.

Der Kläger muss ein Mindestmaß an Verfassungstreue erkennen lassen.

Hier hatte der Kläger gegen diese Anforderungen verstoßen und somit war eine verhaltensbedingte Kündigung gerechtfertigt. Dadurch war in dem Arbeitsverhältnis eine konkrete Störung eingetreten, welche die Voraussetzungen des § 626 BGB erfüllte.

Es fehlte ihm durch sein Verhalten auch die Eignung zur Erfüllung seiner arbeitsvertraglichen Pflichten.

Das Arbeitsgericht kam unter anderem deshalb zu dem Ergebnis, dass die Kündigung wirksam war, weil der Kläger in seiner besonderen Funktion als Erzieher eine gesteigerte Pflicht zur Loyalität gegenüber der Beklagten hatte. Diese hatte er durch seine Aktivitäten nachhaltig verletzt. Dabei zitiert das Arbeitsgericht die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 12.05.2011, wonach Erziehern im Einzelfall eine gesteigerte Loyalitätspflicht zukommen könne.

Nach genauer Prüfung der konkreten Loyalitätspflichten kam das Arbeitsgericht zu dem Ergebnis, dass hier der Ausspruch der fristlosen Kündigung rechtmäßig war.

Das Gericht stellte nach ausführlicher Begutachtung des Sachverhalts fest, dass der Kläger ein rechtsradikales Weltbild verfolge und er deutliche Sympathien für die Partei NDP  ausweise.

Der Beklagten sei es nicht zumutbar, den Kläger auch nur einen Tag länger zu beschäftigen. Die Kündigung entsprach den Anforderungen des § 626 BGB und war wirksam.