Kündigung im Arbeitsrecht wegen Sitzstreik

Vgl. Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 06.05.2015, 3 Sa 354/14

Vorliegend gab es zwischen der Arbeitnehmerin und ihrer Arbeitgeberin eine erhebliche Auseinandersetzung:

Sachverhalt vor Ausspruch Kündigung

Die Arbeitnehmerin, die seit 1992 bei der Arbeitgeberin beschäftigt war, hatte zuletzt eine Führungsfunktion in der Niederlassung. Seit ihrer Beförderung im Jahr 2014 forderte sie ihren Niederlassungsleiter dazu auf, künftig besser als nach dem geltenden Tarifvertrag vergütet zu werden. Sie forderte nun eine Vergütung als aussertarifliche Angestellte.

Sie hatte im Folgenden mehrere Gespräche mit dem Niederlassungsleiter. Dieser lehnte ihre Forderung immer wieder ab. Als die Arbeitnehmerin deswegen trotzdem immer wieder auf den Niederlassungsleiter zukam und die Forderung stellte, teilte er ihr mit, das Gespräch über diesen Punkt sei nun beendet.

Dies akzeptierte die Arbeitnehmerin aber nicht. Sie erklärte gegenüber dem Niederlassungsleiter, dass sie in diesem Fall mit sofortiger Wirkung von ihrem Posten als Betriebsleiterin zurücktrete.

Sie wurde im Folgenden darauf hingewiesen, dass sie nicht durch einseitige Erklärung von Ihrem Posten zurücktreten könne.

Man bot ihr dann ein weiteres Gespräch an, nunmehr über die weitere Zusammenarbeit im Dienstzimmer des Niederlassungsleiters.

In diesem Gespräch wiederholte die Arbeitnehmerin dann immer wieder ihre Forderung nach einer Höhervergütung. Der Niederlassungsleiter beendete das Gespräch dann nach 50 Minuten. Er forderte die Arbeitnehmerin zum Verlassen seines Zimmers auf. Dies verweigerte die Arbeitnehmerin aber. Sie sagte, sie werde das Arbeitszimmer erst verlassen, wenn sie eine Vergütung als aussertarifliche Angestellte erhalte.

Der Niederlassungsleiter und die auch anwesende Abteilungsleiterin Personal teilten ihr mit, dass sie gerade eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung begehe, gegen das Hausrecht verstoße und mit strafrechtlichen Konsequenzen zu rechnen habe. Auch wurde ihr angedroht, die Polizei zu rufen.

Das alles hinderte die Arbeitnehmerin nicht daran, das Arbeitszimmer nicht zu verlassen. Es wurde gegen sie ein schriftliches Hausverbot und eine Freistellung von der Arbeit ausgesprochen.

Erst die daraufhin gerufene Polizei konnte sie dazu bewegen, dass Dienstzimmer zu verlassen.

Vorbereitung Kündigung

In den Folgetagen wurde ihr die Möglichkeit eingeräumt, zu einer fristlosen, hilfsweise zu einer ordentlichen Kündigung Stellung zu nehmen.

Der Betriebsrat wurde zum Ausspruch einer fristlosen, hilfsweise ordentlichen Kündigung angehört.

Er widersprach der Kündigung.

Im Folgenden sprach die Arbeitgeberin die fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus.

Dagegen wehrte sich die Arbeitnehmerin (nun Klägerin) mit einer Kündigungsschutzklage.

 

Interessenabwägung zur Kündigung

Das Arbeitsgericht urteilte, dass die fristlose Kündigung unwirksam sei, da die Beklagte schon nicht die Frist gemäß § 626 BGB eingehalten habe. Auch überwiege das Interesse der Klägerin an der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses dem Interesse der Beklagten zur Kündigung.

Im Rahmen dieser Interessenabwägung wurde die lange Betriebszugehörigkeit der Klägerin, berücksichtigt. Hier sei nur der Ausspruch einer Abmahnung verhältnismäßig gewesen.

Gegen das Urteil legte die Beklagte Berufung beim Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein ein.

Urteil über die Wirksamkeit der Kündigung

Das Landesarbeitsgericht entschied daraufhin, dass es auch die Ansicht vertritt, dass der Ausspruch einer fristlosen Kündigung hier unverhältnismäßig ist. Es entschied jedoch, dass die ordentliche Kündigung wirksam war:

Einhaltung Kündigungsfrist

Das Gericht war der Ansicht, dass die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist zuzumuten war. Das Verhalten der Klägerin sei rational nicht erklärbar und auch nicht nachzuvollziehen. In den vergangenen 22 Jahren jedoch war ein solches Verhalten der Klägerin jedoch nicht vorgekommen. Somit gab es keine Befürchtung, dass sich in Zukunft ein solches Verhalten der Klägerin wiederholen werde. Die Beklagte könne also den Ablauf der Kündigungsfrist abwarten.

Verhalten gravierende Pflichtverletzung

Trotzdem stellte das Verhalten der Klägerin vor der Kündigung eine gravierende Pflichtverletzung dar. Sie hatte auch keinen Anspruch auf Vergütung ausserhalb des AT-Vertrages. Sie verletzte das Hausrecht der Beklagten in gravierender Weise. Im Rahmen einer Interessenabwägung müsse man demnach zu dem Ergebnis kommen, dass die ordentliche Kündigung wirksam sei.

Abmahnung nicht erforderlich

Entgegen der Ansicht des erstinstanzlichen Gerichts wäre hier nur der Ausspruch einer Abmahnung nicht weitgehend gewesen.

Vgl hierzu auch Kommentar