Recht auf schriftlichen Arbeitsvertrag im Arbeitsrecht

Wenn Sie ein neues Beschäftigungsverhältnis beginnen, ist Ihr Arbeitgeber verpflichtet, Ihnen innerhalb des ersten Monats einen schriftlichen Arbeitsvertrag auszuhändigen. Dies ergibt sich bereits aus dem Gesetz, § 2 NachwG.

 

Das Bestehen eines Arbeitsverhältnis ist nicht abhängig von einem schriftlichen Arbeitsvertrag! Auch wenn Ihnen kein schriftlicher Arbeitsvertrag vorliegt, können Sie trotzdem ein Arbeitsverhältnis haben.

 

Exemplarisch – und nicht abschliessend – werden hier einige Folgen dargestellt, wenn der Arbeitgeber trotz seiner Verpflichtung einen solchen schriftlichen Arbeitsvertrag nicht mit Ihnen abschliesst.

 

  • Schadensersatz

Unterlässt es der Arbeitgeber, so kann er sich schadensersatzpflichtig machen. Hier hatte das Bundesarbeitsgericht über einen Fall zu entscheiden: Der Arbeitgeber hatte seinem neuen Beschäftigten keinen Arbeitsvertrag vorgelegt. Er hatte gegen § 2 NachwG verstoßen. Dieser Vorschrift ist zu entnehmen, welche Punkte im schriftlichen Arbeitsvertrag aufgeführt werden müssen. So lässt sich der Vorschrift entnehmen, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer darauf in allgemeiner Form hinweisen muss, wenn ein Tarifvertrag gilt. § 2 NachwG

 

Im Fall, über den das Bundesarbeitsgericht im Jahr 2002 (17.4.2002, Az.  AZR 89/01) entschied, galt in dem Arbeitsverhältnis ein Tarifvertrag, in dem eine Ausschlussklausel enthalten war. Diese besagte, dass fällige, aber noch nicht erfüllte Ansprüche innerhalb einer kurzen Frist schriftlich geltend gemacht werden müssen, ansonsten verfallen sie.

 

Hier hatte der Arbeitgeber einen Teil des Gehalts nicht gezahlt, obwohl er dazu verpflichtet war. Der Beschäftigte machte seinen Anspruch nicht direkt gegenüber seinem Arbeitgeber geltend, sondern liess erst einige Monate verstreichen.

 

Als er den Anspruch dann geltend machte, war dies zu spät!

 

Der Anspruch war nicht mehr durchsetzbar.

 

Das Bundesarbeitsgericht entschied, dass der Arbeitgeber sich zwar auf die Ausschlussklausel berufen konnte. Der Beschäftigte konnte seinen Anspruch nicht mehr durchsetzen. Der Arbeitgeber musste ihm den Betrag aber trotzdem erstatten: Er war gegenüber seinem Beschäftigten schadensersatzpflichtig, da er ihn nicht auf den geltenden Tarifvertrag hingewiesen hatte.  Vergleiche hierzu auch die Entscheidung des Bundesarbeitsgericht vom 19.10.2011

 

  • Grundsätze der Beweiserleichterung

Ob man in einem Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht gewinnt oder verliert, hängt oftmals damit zusammen, wer was beweisen muss und ob ihm der Beweis dann auch tatsächlich gelingt.

 

Wenn der Arbeitgeber seinem Beschäftigten keinen Arbeitsvertrag aushändigt, obwohl er dazu gemäß § 2 NachwG verpflichtet ist, kann er sich zwar auf die nur mündlich vereinbarten Regelungen berufen. In einem Gerichtsprozess jedoch gelten dann zugunsten des Arbeitnehmers die Grundsätze der Beweiserleichterung: Hierüber hat das Bundesarbeitsgericht im Jahr 2008 bereits in einem konkreten Fall entschieden.

 

Wenn der Arbeitgeber also gegen seine Pflicht nach § 2 NachwG verstößt, heisst das noch nicht, dass alles was der Arbeitnehmer im Prozess vorträgt als richtig gilt – egal was der Arbeitgeber behauptet -. Das Bundesarbeitsgericht entschied in der zitierten Entscheidung aus dem Jahr 2008 jedoch, dass in einem solchen Fall, in dem weder der Arbeitgeber noch der Arbeitnehmer ihren Vortrag beweisen können (non-liquet), die Unmöglichkeit der Tatsachenaufklärung zu Lasten des Arbeitgebers geht. Für den Arbeitnehmer kann es also leichter werden, den Prozess vor dem Arbeitsgericht zu gewinnen.